Pater Gordian Landwehr (1912-1998) war in der DDR-Zeit Oberer der dominikanischen Niederlassung in Leipzig. Er war sicherlich einer der bedeutendsten Prediger in der damaligen DDR. Aus dem Oldenburger Münsterland stammend trat er 1932 in den Dominikanerorden ein und wurde 1938 zum Priester geweiht. Er musste als Sanitätssoldat an der Ostfront dienen und war nach Kriegsende ein Jahr lang in Gefangenschaft.
1951 wurde er auf eigenen Wunsch in den Leipziger Konvent versetzt, in das einzige Dominikanerkloster auf dem Gebiet der damaligen DDR, um im Osten Deutschlands missionarisch wirken zu können. Schnell erwarb er sich einen Ruf als charismatischer, wortgewaltiger und unermüdlicher Prediger. Seine Jugendpredigten in der Leipziger Universitätskirche erfreuten sich eines gewaltigen Zuspruchs und auf seinen zahlreichen Predigtreisen erreichte er monatlich um die 20.000 meist jugendliche Zuhörer, auf die er eine große Wirkung ausübte. Die kommunistischen Machthaber beäugten den unbequemen Priester misstrauisch und ließen ihn verunglimpfen, so beispielsweise durch die Sächsische Zeitung, die ihn 1957 als „Natoprediger im Jesuitengewand“ (!) betitelte. Vor einer Verhaftung scheute das SED-Regime allerdings zurück, da Pater Gordian in der Bevölkerung eine große Popularität genoss. Als 1968 die Universitätskirche am Augustusplatz (ehemalige Dominikanerkirche) auf Anordnung Walter Ulbrichts gesprengt werden sollte, organisierte Pater Gordian den Widerstand auf katholischer Seite, der am Ende allerdings erfolglos bleiben sollte.
Wichtig war es für Pater Gordian, die Verbindungen zwischen Katholiken diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs zu stärken. Viele Ordensleute in kommunistischen Ländern wie Tschechien oder Slowakei konnten damals in ihrer Heimat nur vereinzelt leben und gingen zivilen Berufen nach. Im Leipziger Kloster fanden sie eine Anlaufstelle. Ein weiteres Anliegen war für Pater Gordian die Ökumene zwischen evangelischen und katholischen Christen. Der Dominikanerorden verlieh ihm den seltenen Ehrentitel Praedicator generalis und 1994 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Er starb am 11. Juni 1998 in Leipzig und wurde in der Klosterkirche begraben.
Weiterführende Literatur:
- Gordian LANDWEHR, Was ich erleben durfte (Autobiographie), Graz 1995.
- Theresa SCHNEIDER, Als „politischer Hetzer“ diffamiert – als Vorbild im Glauben gefeiert. Pater Gordian Landwehr OP und seine Bedeutung für die Kirche in Mitteldeutschland; in: Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte 1 (2005), S. 66ff.
- Joachim SEEGER (Hrsg.), Pater Gordian Landwehr. Ein unermüdlicher Verfechter des Glaubens in der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus, Aachen 2005.
- Thomas RAABE, SED-Staat und katholische Kirche. Politische Beziehungen 1949–1961; Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B, Forschungen 70, Paderborn 1995, S. 246ff.
FOTO: P. Gordian Landwehr OP