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Leipzigs erstes Dominikanerkloster am Grimmaischen Tor

Das Dominikanerkloster in Leipzig wurde 1229 gegründet. Es gehörte zu den frühen Gründungen des Ordens. Der Klosterbau befand sich am Grimmaischen Tor (heute Augustusplatz). 1240 wurde die Klosterkirche von Erzbischof Hildebrand von Magdeburg zu Ehren des hl. Paulus geweiht (Paulinerkirche). Eine großflächige Klosteranlage erstreckte sich bald über mehrere Innenhöfe mit zahlreichen zweistöckigen Gebäuden, welche durch Kreuzgänge miteinander verbunden waren. Die Klosterbibliothek, später mehrfach ausgebaut, bildete eine wichtige Grundausstattung für die 1409 gegründete Universität in Leipzig. Nach Einführung der Reformation wurde im Jahre 1539 das Dominikanerkloster aufgelöst und 1543 der Universität übergeben.

FOTO: Paulinerkirche um 1900
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Die Paulinerkirche bis zu ihrer Sprengung 1968

Die Dominikanerkirche wurde Aula der Universität und fortan für akademische Festakte genutzt. Hier hielt Martin Luther 1545 seine letzte Predigt in Leipzig. Die Pauliner- bzw. Universitätskirche diente den evangelischen Christen über 400 Jahre als Gotteshaus.

Nach 1945 genossen die Dominikaner Gastfreundschaft in ihrer ehemaligen Kirche am Augustusplatz. Berühmt sind die Jugendpredigten von Pater Gordian Landwehr. Um sie anzuhören, strömten scharenweise Menschen in die Paulinerkirche (ebenso wie an zahlreichen anderen Orten der DDR). Auf Anordnung Walter Ulbrichts und nach Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Leipzig wurde die Paulinerkirche am 30. Mai 1968 gesprengt. Eine Gedenktafel an der Universität erinnert an diesem barbarischen Akt.

Nach der Wende bemühte sich insbesondere der Paulinerverein um den Wiederaufbau der Kirche am Augustusplatz inmitten der Stadt. Nach einem Entwurf des Architekten Erick von Engeraat wurde das neue Augusteum und Paulinum/Aula-Universitätskirche St. Pauli gebaut. Der Paulineraltar und weitere noch erhaltende Kunstschätze haben hier wieder ihren ursprünglichen Platz bekommen. Um die Geschichte aufzeigen, die mit den Dominikanern begonnen hatte, wurde am am 31.03.2015 wurde im Augusteum, dem Eingangsfoyer der Universität, ein Freskengang eröffnet. Hier sind letzte Überreste des Klosters zu sehen, mittelalterliche Fresken aus dem Kreuzgang. Sie zeigen Stammbäume von Heiligen des Dominikanerordens, die Legenden der Heiligen Barbara und Katharina von Alexandrien, eine thronende Mutter Gottes, die Verkündigung sowie die Kreuzigung Christi. Es sind die einzigen erhaltenden figürlichen Wandmalereien aus dem Mittelalter in Leipzig und der größte Freskenzyklus aus dieser Zeit in Sachsen.

FOTO: Gedenktafel
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Die Wiederanfänge in Wahren 1931

Im Februar 1931 konnte die Ordensprovinz der Dominikaner ein Grundstück an der Halleschen Straße (heute Georg-Schumann-Straße) für die Errichtung eines Klosters und den Bau einer Kirche erwerben. Am 20. Dezember 1931 wurde in einem Wohngebäude auf den Grundstück eine Kapelle zu Ehren des hl. Albertus Magnus eingeweiht. Über 20 Jahre feierten die Wahrener Katholiken hier die Gottesdienste.

Den entscheidende Anstoß zum Bau der heutigen Pfarr- und Klosterkirche gaben nach dem Zweiten Weltkrieg Pater Gordian Landwehr und Pater Aurelius Arkenau. In Zusammenarbeit mit dem Architekten Andreas Marquart und dem Baumeister Rudolf Peuser wurden Pläne für die neue Kirche entworfen und die Ausführung in Angriff genommen. Unter tatkräftiger Mithilfe von Gemeindemitgliedern konnte der Bau bald beginnen und am 13. Oktober 1951 wurde der Grundstein gelegt. Am 16. November konsekrierte Bischof Heinrich Wienken von Dresden-Meißen die neue Kirche, die wie bereits die Kapelle unter das Patronat des hl. Albert des Großen gestellt wurde. Die Orgelbaufirma Alfred Schmeißer aus Rochlitz erhielt 1952 den Auftrag zum Bau der Orgel, die am 9. Mai 1954 eingeweiht wurde. Die Firma Schilling & Lattermann wurde beauftragt, drei neue Glocken zu gießen, die am 16. Januar 1955 durch P. Provinzial Wunibald Brachthäuser eingeweiht wurden. (Das Glockengeläut wurde im November 1997 durch die Magdalenenglocke im Turm des neuen Klostergebäudes ergänzt. Die Stahlglocken, die bisher im Kirchturm hingen, wurden im Jahr 2014 durch drei neue Bronzeglocken der Firma „Eifeler Glockengießerei“ aus Brockscheid/Vulkaneifel ersetzt. Bischof Dr. Heiner Koch von Dresden-Meißen weihte das neue Geläut am 3. Oktober 2014 ein). 1961/1962 wurde eine erste Neugestaltung des Altarraumes nach Entwürfen von Artur Becker vorgenommen. Georg Nawroth aus Görlitz erhielt den Auftrag, die Nordwand hinter dem Altar mit einem Wandgemälde zu versehen. Dargestellt ist der Gekreuzigte mit Maria und Johannes, umgeben von vier dominikanischen Heiligen. Das Gemälde trat an die Stelle des Flügelaltars, der 1952 ebenfalls von Georg Nawroth gemalt worden war. Dieser befindet sich heute am Treppenaufgang im Foyer des Klosters. Die zweite Umgestaltung des Altarraumes erfolgte 1973-1975. Bischof Gerhard Schaffran nahm am 7. September die Altarweihe vor. Der berühmte Prediger Pater Gordian Landwehr, der am 11. Juni 1998 starb, liegt in der westlichen Seitenkapelle der Kirche begraben. Im Jahr 2016 erfolgt eine Sanierung der Orgel und ein neuer Innenanstrich des Kirchenraumes.

Klosterneubau 1998

Nach dem Wendejahr 1989 begannen die Überlegungen und Planungen für einen Klosterneubau. Das Pfarrhaus sollte in seiner Form erhalten bleiben, aber durch einen Klosterneubau ergänzt werden. Es sollte ein offenes und gastfreundliches Kloster entstehen. Die Grundsteinlegung erfolgte am 20. September 1996 durch Bischof Joachim Reinelt. Am 18. April 1998 kam nach vier Jahren Planung und Ausführung das gemeinsame Vorhaben ans Ziel: Der Neubau, die Kirche, das Pfarrhaus und der offene Vorplatz bilden eine Einheit und von ihrer Konzeption her einen einladenden Ort, an dem Menschen willkommen sind. Von 1998 bis 2008 bestand hier das geschwisterliche Projekt der Dominikanerinnen und Dominikaner. In einem einzigen Kloster lebte eine Gemeinschaft von Brüdern gemeinsam mit einer Gemeinschaft von Schwestern. Es handelte sich um ein Experiment, das über elf Jahre bestand.

Pater Aurelius Arkenau

Pater Aurelius Arkenau (1900-1991) war zur Zeit des II. Weltkriegs Oberer unseres Klosters in Leipzig. 1925 trat er in den Dominikanerorden ein und wurde 1928 zum Priester geweiht. Als junger Priester in Berlin hatte er Kontakte zum Kreisauer Kreis, besonders zu Helmuth James Graf von Moltke. Von 1940-1946 war er Pfarrer und Superior an St. Albert in Leipzig. Er leistete aktive Hilfe für die Verfolgten des NS-Regimes: Im Pfarrhaus versteckte er Deserteure, Fremdarbeiter, Kommunisten und insbesondere jüdische Bürger. Er vermittelte (falsche) Pässe und ärztliche Hilfe. Zu seinem Andenken wurde der Platz am Wahrener Rathaus im Juni 1999 nach ihm benannt und heißt seitdem „Pater-Aurelius-Platz“. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem verlieh ihm 1998 posthum den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern.“

FOTO: Pater Aurelius Arkenau OP

Pater Gordian Landwehr

Pater Gordian Landwehr (1912-1998) war in der DDR-Zeit Oberer der dominikanischen Niederlassung in Leipzig. Er war sicherlich einer der bedeutendsten Prediger in der damaligen DDR. Aus dem Oldenburger Münsterland stammend trat er 1932 in den Dominikanerorden ein und wurde 1938 zum Priester geweiht. Er musste als Sanitätssoldat an der Ostfront dienen und war nach Kriegsende ein Jahr lang in Gefangenschaft.

1951 wurde er auf eigenen Wunsch in den Leipziger Konvent versetzt, in das einzige Dominikanerkloster auf dem Gebiet der damaligen DDR, um im Osten Deutschlands missionarisch wirken zu können. Schnell erwarb er sich einen Ruf als charismatischer, wortgewaltiger und unermüdlicher Prediger. Seine Jugendpredigten in der Leipziger Universitätskirche erfreuten sich eines gewaltigen Zuspruchs und auf seinen zahlreichen Predigtreisen erreichte er monatlich um die 20.000 meist jugendliche Zuhörer, auf die er eine große Wirkung ausübte. Die kommunistischen Machthaber beäugten den unbequemen Priester misstrauisch und ließen ihn verunglimpfen, so beispielsweise durch die Sächsische Zeitung, die ihn 1957 als „Natoprediger im Jesuitengewand“ (!) betitelte. Vor einer Verhaftung scheute das SED-Regime allerdings zurück, da Pater Gordian in der Bevölkerung eine große Popularität genoss. Als 1968 die Universitätskirche am Augustusplatz (ehemalige Dominikanerkirche) auf Anordnung Walter Ulbrichts gesprengt werden sollte, organisierte Pater Gordian den Widerstand auf katholischer Seite, der am Ende allerdings erfolglos bleiben sollte.

Wichtig war es für Pater Gordian, die Verbindungen zwischen Katholiken diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs zu stärken. Viele Ordensleute in kommunistischen Ländern wie Tschechien oder Slowakei konnten damals in ihrer Heimat nur vereinzelt leben und gingen zivilen Berufen nach. Im Leipziger Kloster fanden sie eine Anlaufstelle. Ein weiteres Anliegen war für Pater Gordian die Ökumene zwischen evangelischen und katholischen Christen. Der Dominikanerorden verlieh ihm den seltenen Ehrentitel Praedicator generalis und 1994 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Er starb am 11. Juni 1998 in Leipzig und wurde in der Klosterkirche begraben.

Weiterführende Literatur:

  • Gordian LANDWEHR, Was ich erleben durfte (Autobiographie), Graz 1995.
  • Theresa SCHNEIDER, Als „politischer Hetzer“ diffamiert – als Vorbild im Glauben gefeiert. Pater Gordian Landwehr OP und seine Bedeutung für die Kirche in Mitteldeutschland; in: Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte 1 (2005), S. 66ff.
  • Joachim SEEGER (Hrsg.), Pater Gordian Landwehr. Ein unermüdlicher Verfechter des Glaubens in der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus, Aachen 2005.
  • Thomas RAABE, SED-Staat und katholische Kirche. Politische Beziehungen 1949–1961; Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B, Forschungen 70, Paderborn 1995, S. 246ff.

FOTO: P. Gordian Landwehr OP