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Geschichte der Gemeinde St. Albert in Leipzig-Wahren

Bald nach Einweihung der katholischen Pfarrkirche St. Georg in Gohlis im Jahr 1923 wollte man auch in Wahren zusätzliche Gottesdienste für die Katholiken aus Wahren, Lindenthal, Breitenfeld, Lützschena und Stahmeln feiern. Am 26.12.1923 fand im Schulsaal der 58. Volksschule der erste katholische Gottesdienst in der „Missionsstation Wahren“ statt, die damals Gohlis unterstellt war. In den darauf folgenden Jahren strebte man einen eigenen Kirchenbau an. 1926 erstellte der Leipziger Architekt Clemens Lohmer dafür Pläne, die allerdings nicht ausgeführt wurden.

Am 30.5.1930 wurde der Dominikaner P. Victor Bruyers Kaplan in der Gemeinde St. Laurentius in Leipzig-Reudnitz. Er war zugleich mit der Neugründung des Dominikanerklosters in Leipzig beauftragt. Im Februar 1931 erwarb man für die Klostergründung das zum Teil bebaute und vermietete Anwesen Hallische Straße 336 (heute: Georg-Schumann-Straße 336). Unter P. Victor wurde Wahren zur „Lokalkaplanei“ von Gohlis erhoben. Am 20.12.1931 wurde die im Wohnhaus des Grundstückes eingerichtete St.-Albert-Kapelle eingeweiht.

Nach 1945 wuchs die Gemeinde durch die Umsiedler und Vertriebenen aus dem Osten auf rund 2000 Gläubige an. Am 13.10.1951 legte der Prior des Berliner Dominikanerklosters, P. Heribert Grotendorst OP, den Grundstein für einen Kirchenbau. Die Pläne für den Neubau stammen von Andreas Marquart (Leipzig).

Die Ausführung leitete Baumeister Rudolf Peuser (Leipzig). Am 16.11.1952 konsekrierte der Meißner Bischof Heinrich Wienken die Kirche. Entscheidenden Anteil an der Vorbereitung und Durchführung des Baues hatte P. Gordian Landwehr OP († 1998). Die Orgelbaufirma Schmeißer erhielt 1952 den Auftrag zum Bau einer Orgel. Sie erklang zum ersten Mal in der Osternacht 1954 und wurde am 9. Mai 1954 geweiht. Am 16.01.1955 fand die Weihe der drei Glocken von Fa. Schilling & Lattermann (Apolda) durch Provinzial P. Wunibald Brachhäuser OP statt.

1961/1962 kam es zu einer Neugestaltung des Altarraumes nach Entwürfen von Artur Becker (Leipzig). Georg Nawroth (Görlitz) versah die Nordwand hinter dem Altar mit einem neuen Wandgemälde. Er hatte auch den Flügelaltar der ersten Altarraumgestaltung gemalt, der sich bis 1999 auf der Orgelempore befand. Nach der Restaurierung im Jahre 2000 wurde das Bild im Foyer des neuen Kloster aufgehängt. 1973-1975 erfolgte die zweite Umgestaltung des Altarraumes durch Kurt Nowotny (Coswig) unter Verwendung der vorhandenen Materialien (Saalburger Marmor). Die Bronzearbeiten (Tabernakel, Ambo und Altarleuchter) führte die Firma Noack (Leipzig) aus. Im Jahre 1999 wurde die Kirche von Außen renoviert und saniert. Im Herbst 2001 begann die Sanierung des Innenraumes der Kirche. Neben einem neuen Anstrich musste die Holzdecke vollkommen erneuert werden, die Heizung wurde erneuert, der Altarraum erhielt eine neue Bestuhlung. Eine Sanierung des Kircheninnern sowie der Orgel erfolgt 2016. Die Gemeinde St. Albert ist seit dem 18. Oktober 2019 ein Teil der Pfarrei St. Georg Leipzig Nord mit den Gemeinden St. Georg, St. Albert und St. Gabriel.

Pater Aurelius Arkenau

Pater Aurelius Arkenau OP (1900-1991) war zur Zeit des II. Weltkriegs Oberer unseres Klosters in Leipzig. 1925 trat er in den Dominikanerorden ein und wurde 1928 zum Priester geweiht. Als junger Priester in Berlin hatte er Kontakte zum Kreisauer Kreis, besonders zu Helmuth James Graf von Moltke. Von 1940-1946 war er Pfarrer und Superior an St. Albert in Leipzig. Er leistete aktive Hilfe für die Verfolgten des NS-Regimes: Im Pfarrhaus versteckte er Deserteure, Fremdarbeiter, Kommunisten und insbesondere jüdische Bürger. Er vermittelte (falsche) Pässe und ärztliche Hilfe. Zu seinem Andenken wurde der Platz am Wahrener Rathaus im Juni 1999 nach ihm benannt und heißt seitdem „Pater-Aurelius-Platz“. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem verlieh ihm 1998 posthum den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern.“

FOTO: Pater Aurelius Arkenau OP

Pater Gordian Landwehr

Pater Gordian Landwehr OP (1912-1998) war in der DDR-Zeit Oberer der dominikanischen Niederlassung in Leipzig. Er war sicherlich einer der bedeutendsten Prediger in der damaligen DDR. Aus dem Oldenburger Münsterland stammend trat er 1932 in den Dominikanerorden ein und wurde 1938 zum Priester geweiht. Er musste als Sanitätssoldat an der Ostfront dienen und war nach Kriegsende ein Jahr lang in Gefangenschaft.

1951 wurde er auf eigenen Wunsch in den Leipziger Konvent versetzt, in das einzige Dominikanerkloster auf dem Gebiet der damaligen DDR, um im Osten Deutschlands missionarisch wirken zu können. Schnell erwarb er sich einen Ruf als charismatischer, wortgewaltiger und unermüdlicher Prediger. Seine Jugendpredigten in der Leipziger Universitätskirche erfreuten sich eines gewaltigen Zuspruchs. Auf seinen zahlreichen Predigtreisen erreichte er monatlich um die 20.000 meist jugendliche Zuhörer, auf die er eine große Wirkung ausübte. Die kommunistischen Machthaber beäugten den unbequemen Priester misstrauisch und ließen ihn verunglimpfen, so beispielsweise durch die Sächsische Zeitung, die ihn 1957 als „Natoprediger im Jesuitengewand“ (!) betitelte. Vor einer Verhaftung scheute das SED-Regime allerdings zurück, da Pater Gordian eine große Popularität bei der Bevölkerung genoss. Als 1968 die Universitätskirche am Augustusplatz (ehemalige Dominikanerkirche) auf Anordnung Walter Ulbrichts gesprengt werden sollte, organisierte Pater Gordian den Widerstand auf katholischer Seite, der am Ende allerdings erfolglos bleiben sollte.

Wichtig war es für Pater Gordian, die Verbindungen zwischen Katholiken diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs zu stärken. Viele Ordensleute in kommunistischen Ländern wie Tschechien oder Slowakei konnten damals in ihrer Heimat nur vereinzelt leben und gingen zivilen Berufen nach. Im Leipziger Kloster fanden sie eine Anlaufstelle. Ein weiteres Anliegen war für Pater Gordian die Ökumene zwischen evangelischen und katholischen Christen. Der Dominikanerorden verlieh ihm den seltenen Ehrentitel Praedicator generalis und 1994 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Er starb am 11. Juni 1998 in Leipzig und wurde in der Klosterkirche begraben.

Weiterführende Literatur:

  • Gordian LANDWEHR, Was ich erleben durfte (Autobiographie), Graz 1995.
  • Theresa SCHNEIDER, Als „politischer Hetzer“ diffamiert – als Vorbild im Glauben gefeiert. Pater Gordian Landwehr OP und seine Bedeutung für die Kirche in Mitteldeutschland; in: Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte 1 (2005), S. 66ff.
  • Joachim SEEGER (Hrsg.), Pater Gordian Landwehr. Ein unermüdlicher Verfechter des Glaubens in der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus, Aachen 2005.
  • Thomas RAABE, SED-Staat und katholische Kirche. Politische Beziehungen 1949–1961; Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B, Forschungen 70, Paderborn 1995, S. 246ff.

FOTO: P. Gordian Landwehr OP

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